Schulleiter Michael Dorau verabschiedet – „In die Schule gekommen, um mit den Schülerinnen und Schülern zu leben“

Warburg. Nur eine Woche zuvor hatte er noch selbst am Rednerpult gestanden und Ursula Hahne und Heinrich Engemann verabschiedet. Jetzt hieß es für Michael Dorau, Schulleiter der Warburger Petrus-Damian-Schule, einer Förderschule mit dem Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung, selbst Abschied zu nehmen. Elmar Schäfer, Geschäftsführer des Schulträgers, gab den Staffelstab weiter: Die Schulleitung übernimmt fortan Patrick Knüttel, ihm zur Seite steht Heike Wigge.
Es war eine ungewöhnliche Veranstaltung: Wegen der Corona-Pandemie konnte nur eine kleine Zahl der Kolleginnen und Kollegen an der Verabschiedung teilnehmen.

 

Knüttel stellte in seiner Laudatio einen Grundatz heraus, der Dorau durch dessen gesamtes Lehrerleben begleitet habe: „Du kamst in die Schule, um mit den Schülerinnen und Schülern zu leben“. Gemeint ist: Die Kinder so annehmen, wie sie sind, eine Beziehung zu ihnen aufbauen und gestalten, ihnen helfen, einen Weg im Leben zu finden. Und daraus dann fachliche Lernfortschritte zu ermöglichen. „Das war zu jeder Zeit dein schulisches Credo“, wandte Knüttel sich an den scheidenden Schulleiter. Dieser habe Schule immer von jedem einzelnen Kind und dessen Einzigartigkeit aus gedacht, um Entwicklung zu ermöglichen. Dass er damit Erfolg hatte, bestätigten zwei ehemalige Schüler, die in einem Videobeitrag: „Ohne Sie wären wir nicht da, wo wir heute stehen. Wir haben unser Leben im Griff, machen eine Ausbildung, verdienen Geld. Danke, Herr Dorau!“

 

Auch Elmar Schäfer vom Schulträger, der Jugendhilfe im Erzbistum Paderborn, stellte die Arbeitsweise Doraus heraus, die dieser auch der Petrus-Damian-Schule als Gepräge mitgegeben habe. „In deinen ersten Arbeitstagen an dieser Schule wurde im Lehrerzimmer getuschelt: So ein Lateiner und Historiker – ob der hier wohl richtig sein könne?  Du warst richtig und hast seit deiner Zeit als Klassenlehrer ein Technik-Profil auf- und ausgebaut“, nannte Schäfer ein Beispiel für den handlungsorientierten und motivierenden Unterricht Doraus, der stets ein vorrangiges Ziel hatte: „Die Schüler faszinieren und mitnehmen auf eine Lern-Reise mit Kopf, Herz und Hand“. Das könne nur jemand, der seine Sache aus Überzeugung mache. „Und in deiner Zeit erst als Konrektor, später als Schulleiter war es dir ein Anliegen, den Kolleginnen und Kollegen Freiräume zur pädagogischen Entfaltung zu lassen, für Gemeinschaft und Zusammenhalt zu sorgen und immer wieder Neues anzupacken“, fasste Schäfer das Leitungshandeln Doraus zusammen und schloss mit den Worten: „Du hinterlässt ein gut aufgestelltes Haus“.

 

Den wahren Antrieb, „die heimliche Agenda, dein verborgenes Narrativ“, hob Doraus Vorgänger im Amt des Schulleiters, Michael Brockmeier, in seiner Videobotschaft hervor: „Deine Lebens- und Arbeitsphilosophie speist sich aus dem Anglerlatein und aus der 2000 Jahre alten Philosophie eines Stoikers namens Seneca der Jüngere“.  Dorau habe stets eine hohe Präsenz in der Schule gezeigt und gelebt. Diese Arbeitseinstellung lasse sich womöglich auf ein Zitat Senecas zurückführen, der sage: „Es ist nicht wenig Zeit, die wir haben, es ist nur viel Zeit, die wir nicht nutzen“. Doraus Pünktlichkeit und Arbeitseinsatz ließen sich aber auch herleiten aus dem Spruch „Ein fauler Fisch verdirbt die ganze Küche“, den sich Dorau zu eigen gemacht habe.

 

Den Abschiedsgruß des Kollegiums schließlich überbrachte die Vorsitzende des Lehrerrats, Silvia Arens. Doraus Kolleginnen und Kollegen hatten Holzpfähle bemalt und gestaltet und ihrem Chef so ganz individuelle Wünsche und Botschaften mit auf den Weg gegeben.

 

Dorau war 1994 zur Petrus-Damian-Schule gekommen. Zuvor hatte der Wahl-Germeter, 1955 in Herste geboren, zunächst eine Ausbildung zum Industriekaufmann absolviert. Im Anschluss holte er das Abitur nach und studierte die Fächer Latein und Geschichte an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster mit dem Abschluss des Ersten Staatsexamens für das Lehramt der Sekundarstufe II. Nach dem Referendariat an einem Gymnasium im lippischen Blomberg arbeitete Dorau einige Jahre als Sachbearbeiter und Bezirksbeauftragter einer Versicherung. 1994 schließlich kam Dorau zur Bildungseinrichtung an der Warburger Landfurt, zunächst als Lehrer, und studierte von 1996 bis 2000 berufsbegleitend Sonderpädagogik. Ab 2008 bekleidete er das Amt des  stellvertretenden Schulleiters, bevor er  2017 das Leitungsamt übernahm.

 

Dorau zeigte sich sichtlich bewegt von den lobenden Worten. „Ich habe das immer gern gemacht“, fasste der Neu-Renter sein Wirken an der Petrus-Damian-Schule zusammen und zog den Bogen zu seinen Vorrednern: „Ich komme in die Schule, um mit den Schülerinnen und Schülern zu leben – dieser Satz ist mir wichtig, drückt es auf den Punkt genau aus.“  Dass ihm die Arbeit, vor allem in der Leitung, stets Freude gemacht habe, dazu habe nicht zuletzt die konstruktive Zusammenarbeit mit dem Träger und der staatlichen Schulaufsicht beigetragen.

Dabei machte der Pädagoge jedoch keinen Hehl daraus, dass ihn eines besonders schmerzte: „Durch Corona ist noch immer alles anders. Viele Menschen, die mir am Herzen liegen, sind heute nicht hier. Wir sehen uns ein anderes Mal“, machte er Hoffnung.

Er hob besonders das hohe Maß der erlebten Kollegialität hervor und schloss – nicht ohne ironischen Unterton – mit einem Rat an die Anwesenden, aber auch an sich selbst für die Zukunft als Rentner, den er einmal von seiner Cousine mit einer Postkarte erhalten hatte: „Hab Mut, etwas Neues anzufangen. Mach Blödsinn. Mach Quatsch. Tu dir keinen Zwang an. Und: Sei du selbst“.